Von Patienten werde ich oft angesprochen, dass sie über Migräne klagen. Teilweise treten Symptome leicht auf, oft aber zeigen sich Übelkeit bis hin zum Brechreiz, Schwindel, Herzrasen, Appetitlosigkeit und Licht- und Lärmemfindlichkeit.
Ich möchte mit diesem Blogeintrag, von Thomas D’havé (kpni Therapeut aus Belgien) aufzeigen, wie Sport, Migräne und die klinische Psychoneuroimmunologie zusammenhängen.
Der Grund, warum man Migräne bekommt, besteht darin, dass Migräne auch etwas Gutes hat.
Dafne Schippers ist eine von schätzungsweise 4,2 Millionen Belgiern und Niederländern, die unter einer Form von Migräne leiden. Migräne ist eine verbreitete neurologische Erkrankung, die aufgrund ihrer schweren Symptomatik (Anfälle mit sehr starken Kopfschmerzen, visueller Aura, Übelkeit und sensorischer Überempfindlichkeit, die mehrere Tage andauern können) eine signifikante volkswirtschaftliche Belastung darstellt. Die jährlichen Gesamtkosten der Migräne in Europa werden auf 27 Milliarden Euro geschätzt.
Warum entscheidet sich der Körper dafür, Migräne zuzulassen?
In unserer Praxis wenden wir seit Jahren die kPNI-Methode an. Das bedeutet, dass ich nicht nur analysiere, welche Beschwerden jemand hat, sondern tiefer grabe, um herauszufinden, warum jemand diese Beschwerden hat, indem ich seinen/ihren persönlichen „Film“ sichtbar werden lasse, der zu dieser Situation geführt hat. Immer wieder gelangen wir dabei zu dem Schluss, dass das Symptom nicht das eigentliche Problem ist und in der Erkrankung selbst oft auch ein (außer Kontrolle geratener) Vorteil zum Ausdruck kommt.
Demnach sollte sich in der Migräne ein versteckter Vorteil für den Klienten äußern. Aber worin könnte dieser bestehen?
Menschen mit Migräne besitzen eine bestimmte genetische Veranlagung (Genotyp), die sie für Migräne anfällig macht. Aber gleichzeitig – und das ist noch viel zu wenig bekannt – bietet der gleiche Genotyp einen zusätzlichen Schutz gegen eine Reihe anderer Erkrankungen, auf die wir jetzt zu sprechen kommen.
Menschen mit Migräne leben im Durchschnitt 7 Jahre länger als Menschen ohne Migräne.
Menschen mit Migräne haben ein um 30 % verringertes Risiko, an Krebs zu erkranken.
Migränepatienten scheinen über die erstaunliche Fähigkeit zu verfügen, ihre Blut-Hirn-Schranke besonders undurchlässig zu machen, sodass Pathogene (Krankheitserreger) es bei einer Infektion viel schwerer haben, ins Gehirn zu gelangen. Wenn dieser Vorteil jedoch in eine Überempfindlichkeit ausartet, sodass auf die geringfügigsten Signale hin bereits Fehlalarm ausgelöst wird, führt dies zu negativen Auswirkungen auf das Gehirn in Form eines chronischen Mangels an Sauerstoff und Glucose.
Und in demselben Kontext: Menschen mit Migräne sind unter anderem sehr empfindliche „Rauchmelder“. Sie verfügen über besonders empfindliche Sinnesorgane. Darum ereignen sich statistisch gesehen in ihrer Nähe weit weniger Unfälle.
So man sehr wohl sagen, dass der Migräne-Genotyp einen signifikanten Vorteil gegenüber Infektionen und Gefahren bietet.
Wodurch wird Migräne ausgelöst?
Bei allen von meinen Kollegen und mir behandelten Fällen – Muskelprobleme, Knochenverletzungen, Energieprobleme, Magen- und Darmstörungen und Migräne – gehen wir immer von einer Multigenese aus: Das bedeutet, dass viele („Multi“-) Ursachen („Ätiologie“) in Form von Risikofaktoren über einen bestimmten Zeitraum hin noch nicht wahrnehmbar aber bereits latent anwesend sind, und dass dann ein letzter, ausschlaggebender Auslöser Migräne hervorruft. Der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt!
Solche Auslöser können sehr unterschiedlich sein: ein Schädeltrauma durch eine Kollision, ein Stressfaktor, ein Zeckenbiss oder bestimmte in der Nahrung enthaltene Substanzen. Zum Beispiel ist von folgenden Risikofaktoren bekannt, dass sie eine wichtige Rolle spielen, sowohl positiv als auch negativ:
Die Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren jetzt und in früheren Lebensphasen.
Wie viel Fisch verzehrt jemand in seiner jetzigen Situation, und wie viel Fisch hat er in früheren Lebensphasen gegessen? In den ersten zehn Lebensjahren besteht ein sehr hoher Bedarf, aber – und das sollten werdende Eltern besonders gut beachten – bereits vor der Geburt, das heißt, während der Schwangerschaft, kann sich ein Mangel an Omega 3 negativ auf die Migräneanfälligkeit ihres Kindes auswirken.
Bewegung verbessert die Durchblutung des Gehirns (präfrontaler Cortex).
Bei jedem Schädeltrauma wird das Gehirn geschädigt, wobei GLUT-1-Transporter verlorengehen, mit der Folge, dass die Kapazität für den Energietransport (Glucose) zum Gehirn vorübergehend verringert wird.
Bei bestimmten Menschen laufen einige chemische Umwandlungsprozesse in der Leber aus genetischen Gründen weniger effektiv ab (unter anderem im Zusammenhang mit dem CYP2D6-Enzym). Diese Menschen sollten sowieso am besten alle E-Nummern vermeiden.
Stress-Symptome sind die unvermeidliche Folge, wenn zwei Bedingungen vorliegen: Die belastende Situation tritt tagtäglich auf und es ist kein Ende abzusehen; und man empfindet diese Situation als Stress.
Magnesiummangel
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Was kann man gegen Migräne tun?
Den Teufelskreis durchbrechen und das Übel bei der Wurzel (den Risikofaktoren) packen. Sollte man sich also mit seiner Migräne abfinden, weil sie ja auch gewisse Vorteile bietet? Nein, das sicher nicht! Das Ziel sollte sein, es nicht bis zum letzten Schritt dieses „Schutzmechanismus“, dem Auftreten der spürbaren Form von Migräne, kommen zu lassen, und schon gar nicht mit der bisherigen Intensität. Deshalb ist es interessant, zu verstehen, wie der Migränemechanismus funktioniert.
Menschen mit Migräne haben ein sehr empfindliches Riechsystem. Der Bulbus olfactorius, der Riechnerv, ist im Durchschnitt doppelt so groß wie bei anderen Menschen. Häufig geschieht es allerdings, dass dieser Nerv im Laufe der Zeit durch die ständige Reizüberflutung geschädigt und überempfindlich wird.
Der Riechnerv ist übrigens der einzige Nerv, der direkt in das Mittelhirn einmündet und direkt mit dem Hypothalamus verbunden ist, was bedeutet, dass er ein sehr empfindliches (Gefahren-) Warnsystem bildet.
Es beginnt mit einer empfindlichen Nase, führt jedoch letztlich dazu, dass alle Sinnesorgane überempfindlich werden: Augen, Ohren, Geschmack, emotionales System und so weiter. Daher wissen die Patienten oft irgendwann nicht mehr, welcher Faktor der auslösende ist: Manchmal verursacht ein bestimmter Reiz einen Anfall und ein anderes Mal nicht. Menschen mit Migräne entwickeln buchstäblich andere Gehirne, andere neuroanatomische Verbindungen.
Dabei ist auch das Folgende bemerkenswert: Je mehr Migräneanfälle auftreten, desto mehr beginnen die durch den Schmerz verursachten strukturellen Veränderungen im Gehirn zuzunehmen! Daher wird nicht nur der Austausch von chemischen Substanzen gestört, sondern auch die Neuroanatomie. Menschen mit Migräne entwickeln buchstäblich andere Gehirne.
Das geschieht folgendermaßen: Jedes Mal, wenn es ein Migräneanfall auftritt, wird die chemische Substanz Glutamat freigesetzt. Glutamat löst wiederum die Freisetzung von BDNF (brain-derived neurotrophic factor) aus, einer Art von nervlichem Wachstumshormon, das bei jedem Schmerzreiz den Aufbau neuer Verbindungen anregt. Dadurch werden die Schmerznervenbahnen zunehmend dicker und empfindlicher mit der Folge, dass bereits ein unscheinbarer unmerklicher Reiz einen Anfall auslösen kann. Ein Anfall, der die Empfindlichkeit noch weiter erhöht und zu einem noch höheren Risiko eines weiteren Anfalls führt und so weiter. Jeder neue Anfall vergrößert daher die neuroanatomischen Veränderungen des Gehirns.
Die Lösung?
Man muss versuchen, die Migräneanfälle zu stoppen, um dem Gehirn die Chance zu geben, sich wieder umzustrukturieren. „If you don’t use it, you lose it“, aber diesmal im positiven Sinne. Wie lange braucht man dafür? Ungefähr drei Monate.
Quick wins: Magnesium und Zink
Kurz umrissen heisst das: Als kPNI-Therapeuten nutzen wir Quick wins und Slow wins. Ein Quick win dient dazu, eine Änderung in Gang zu setzen, ein Slow win dazu, die Veränderung langfristig zu festigen, um eine dauerhaft bessere Gesundheit zu erreichen.
Die Quick wins, die wir bei Migräne erzielen, beruhen auf Magnesium und Zink.
Wenn sich die ersten Symptome der Migräne ankündigen, ist es wichtig, stündlich 400 mg Magnesium einzunehmen, um die Blutzirkulation des Gehirns zu verbessern. Das sollte solange fortgesetzt werden, bis die Symptome verschwunden sind, bei einem Maximum von 5 g pro Tag. Das mag viel erscheinen, ist aber notwendig: Um die Magnesiumkonzentration im Gehirn um 19 % zu erhöhen, müssen wir den Magnesiumspiegel im Blut um 300 % nach oben drücken.
Gleichzeitig setzen wir auch Zink (45 mg) ein. Zink beeinflusst das Corpus callosum, eine Struktur im Gehirn, die für die Verbindung zwischen der linken und rechten Gehirnhälfte verantwortlich ist. Bei einseitigen Kopfschmerzen (Migränepatienten kennen dies) ist oft die hemmende Wirkung der anderen Hirnhälfte ist nicht mehr vorhanden. Zink stellt sie wieder her. Außerdem verbessert Zink auch die Durchblutung im präfrontalen Cortex und dem Hippocampus zu Ungunsten der Amygdala, wodurch die Stresserfahrung sehr positiv beeinflusst wird. Eine gereizte Amygdala führt nämlich zu einer gesteigerten Wahrnehmung von Stress, Angst und Anspannung, worauf man bei Migräne sehr gut verzichten kann.
Ich drücke Dafne daher die Daumen, dass sie auch in Zukunft weiterhin so hervorragend abschneidet, aber dann am besten ganz ohne Migräne. Und dass wir vom kPNI-Team Belgien wie auch alle anderen Therapeuten, Ärzte und Gesundheitsexperten unseren Klienten zu einem schmerzfreien Leben verhelfen können. (Quelle: naturafoundation.net)